TEST aus "Gitarre& Bass" Februar 1997:

Human Base "ClassX" Fünfsaiter

Daß Ahorn-Papst Siggi Jäger bundlose und bundierte Bässe der Extraklasse
baut, wird wohl niemand in Abrede stellen. Das Wortspiel im Namen des neuen
Human-Base-Modells zielt daher in eine andere Richtung. Wie jeder sehen kann,
ist der fünfsaitige Bundbass formmäßig eine klassische Gitarre.

Masse machts! Human Base baut zwar
nicht als einzige Bässefirma nach dieser Erkenntnis,
gehört aber hierzulande zu den konsequentesten Verfechtern der Masse-Klasse.
Nicht daß die HB-Bässe übermäßig schwere Trümmer wären - aber Siggi Jäger schwört auf dichten,
nicht zu leichten Ahorn, den er bei seinen Bässen
halt durch geschickte Formgebung tragbar macht.
Im Grunde läuft dies zwar den Zeichen der Zeit
(wo die Konkurrenz oft um jedes Gramm feilscht
und ausgewachsene 3-kg-Bässe keine Seltenheit sind)
zuwider, aber das mit beachtlichem Erfolg.
Denn wie eingangs schon behauptet, gilt die Bassfirma aus dem Taunus als mittlerweile offizieller Geheimtip,
vor allem, wenn es um gesunde Fretless-Bässe geht,
wo die Qualität der Holzkonstruktion besonders entscheidend ist.
Und wer einen erstklassigen Fretless zustande bringt,
für den sollte ein ebenso guter Bundbass erst recht
kein Problem darstellen.

ClassX HUMAN BASE

Konstruktion

Die barocke Figur des Class X geht auf einen speziellen Kundenwunsch zurück. Kunde Willy Geschwind spielt seinen Fünfsaiter eben am liebsten im Sitzen, Position wie bei einer klassischen Gitarre, den Korpus auf dem linken Bein. Damit dann der Bass stabil und bequem am Körper liegt, ergibt sich die (auf den ersten Blick merkwürdige) Form des Bodys fast schon von selbst. Probiert man den Class X im Sitzen, so erscheinen seine Proportionen auf Anhieb logisch und selbstverständlich.
Der breite, durchgehende Hals des Class X ist dreistreifig aus hartem Vogelaugenahorn gebaut und besitzt ein dickes Ebenholz-Griffbrett mit 24 Jumbobünden. Der Ebenholzsattel hat reine Führungsfunktion, da die Saiten auf einem zusätzlichen Nullbund aufliegen. Die nach hinten abgewinkelte Kopfplatte ist an das gerade Halsstück angeschäftet und besonders stabil gebaut, damit Biegeschwingungen hier garantiert keine Klangverluste verursachen können. Eine zusätzliche Versteifung für die Kopfplatte ergibt sich durch den dicken, vorn aufgeleimten Riegelahorn-Zierbelag.
Die an den Hals angesetzten, massigen Korpusteile bestehen ebenfalls aus Riegelahorn, und damit sich von vorn ein schöneres Bild mit geschlossener Decke ergibt, wurden ausgesuchte Riegelahornbeläge in Sandwichmanier aufgeleimt. Eine dünne Zwischenlage aus Nußbaumfurnier setzt die Decke von der Basiskonstruktion optisch ab. Diese edle Holzarbeit wird standesgemäß durch eine aufwendige Schellackpolitur versiegelt, die den Class X nicht so neu und frisch wirken läßt, sondern ihm ein gediegenes, klassisches Aussehen verleiht. Für die Halsrückseite ist Schellack freilich nicht optimal geeignet, weshalb der Vogelaugenahorn hier durch ein klassisches Ölfinish geschützt wird.

ClassX HUMAN BASE

Mechaniken

Als Stimmechaniken kommen beim Class X die gekapselten Gotoh-Präzisionstuner zum Einsatz. Das spezielle Stegsystem ist eine Human-Base-Entwicklung und wird von ETS hergestellt. Für jede Saite steht ein separat montierter, dreidimensional justierbarer Steg mit Klemmarretierung zur Verfügung, und auch die vom Steg abgesetzten Saitenhalter sind einzeln auf die Riegelahorndecke aufgeschraubt.
Den nicht unerheblichen Mehraufwand bei der Montage des hochwertigen, zehnteiligen Stegsystems nimmt Siggi Jäger natürlich aus Klanggründen in Kauf. Der Class X ist mit arretierbaren ETS-Sicherheitsgurthaltern (Schaller-kompatibel) ausgerüstet.

Tonabnehmer/Elektronik

Zwei passive Soapbar-Humbucker von Bartolini sitzen in unserem Testbass, relativ nahe am Steg montiert, damit der Sound des Class X nicht zu wuchtig wird. Die Tonabnehmer arbeiten mit der bewährten Human-Base-Aktivelektronik zusammen, lassen sich aber per Minischalter auch auf rein passiven Betrieb umschalten. Das Bedienfeld umfaßt vier Potiknöpfe für Mastervolumen, Pickup-Überblendregler, Bässe und Höhen.
Um auch kräftigste Dynamikspitzen unverfälscht übertragen zu können, wird der aktive Human-Base-Zweiband-EQ von zwei 9-Volt-Batterien gespeist. Die Batterien lagern in einem separaten Fach in der Korpusrückseite. Der Strombedarf der Schaltung ist bescheiden und ermöglicht mit einem Satz Batterien einige hundert Betriebsstunden. Verdrahtung und Abschirmung der Elektronik werden bei Human Base seit jeher besonders sorgfältig in High-End-Manier ausgeführt; schließlich hatte hier die Edelmarke Glockenklang einst beratend mitgewirkt.

Praxis

Handhabung:
Die Spielbarkeit des Class X ist in der Sitzposition hervorragend leicht, und das sollte ja auch der Sinn der Konstruktion sein. Aber nicht minder virtuos läßt sich der massige Fünfsaiter am Gurt beherrschen, denn seine Form ist auch für diesen Einsatzzweck voll ergonomisch. Sein großer Body ist stark gewölbt ausgeführt und liegt ohne Druckstellen "wie festgeschraubt" in der gewüjnschten Spielposition am Körper. Weder der Unterarm und schon gar nicht die Greifhand werden benötigt, den Class X in Position zu halten, und das kommt natürlich der Bewegungsfreiheit beim eigentlichen Spiel zugute.
Durch eine geschickte Ausfräsung läßt sich der breite, aber flache Fünfsaiterhals bis in die höchste Lage ungehindert spielen. Daß der Human Base gute 4,5 Kilo wiegt, merkt man ihm am Gurt kaum an, so günstig und ausgewogen ist hier die Gewichtsverteilung.

Klangverhalten:
Wohl merkt man das Gewicht im Ton, den der Class X ausgesprochen souverän und fundiert rüberbringt. Zusätzlich zur ohnehin sehr stabilen Halskonstruktion wirkt die lang angelegte obere Korpushälfte als wirkungsvolle Versteifung, ähnlich wie die eigentümliche Halsbauweise bei den Universal-Bässen von Bass Line. Das verleiht dem Sound eine unglaubliche Stabilität und Mächtigkeit im Baß. Gleichzeitig ist das Klangergebnis nicht einfach nur drückend und tief, das können auch "normale" E-Bässe, sondern bei aller Wucht und Fülle auch noch sehr sauber definiert. Bei der tiefen H-Saite des Class X wummert nichts ab, und es ist schon eine außergewöhnliche Leistung, diese tiefsten Frequenzen derart klar konturiert herauszubringen. Insofern liefert der Human Base ähnliche Spitzenergebnisse wie der ebenfalls in dieser Ausgabe vorgestellte Bass-Line-Prototyp. Freilich gibt es auch Unterschiede. Die härtere Ahornkonstruktion des Human Base liefert selbst ohne Klangreglereinsatz einen knackigeren Attack und spritzige Draht-Präsenzen. Bezüglich des lebendigen Ansprechverhaltens geht der Class X einerseits so prägnant zu Werke wie ein erstklassiger Schraubhalsbass, aber mit dem Überragenden, bis in tiefste Frequenzen hinabreichenden Sustain seiner massestarken Konstruktion.
Der schöne, detailreiche Grundsound wird in den höheren Lagen durch die besonderen Eigenschaften der Bartolini-Humbucker kehlig-nasal eingefärbt, was sich durch maßvolle Höhenzugabe am Aktiv-EQ aber gegebenenfalls auch wieder ausgleichen läßt, wenn ein betont offener, brillanter Klang gefragt ist. Zu starke Höhenanhebungen bringen hier freilich ein deutlich hörbares Rauschen ein, sind aber wegen der sauberen Artikulation der Ahornkonstruktion ohnehin nicht nötig. Auch der Bässeregler will vorsichtig bedient werden.
Der wuchtige Grundcharakter des Instruments braucht eigentlich nicht so kräftige Regelmöglichkeiten im Baßbereich, wie sie der Zweiband-EQ anbietet. Die Reglerwirkung ist auch im Baß zu stark, so daß man bei unvorsichtigen Anhebungen bald in die Dröhnzone gerät. Aufgrund der ganz hervorragenden Passiv-Sounds, die der Class X liefert, würde eine dezenter abgestimmte Klangregelung besser passen.

Resumee

Mit dem Class X von Human Base haben wir in dieser Ausgabe den zweiten Spitzenbass, der aus dem Stabilo-Konzept ganz außergewöhnliche Tonqualitäten schöpft. Ähnlich machtvoll, sauber definiert und kerngesund wie der Universal von Bass Line geht der Human Base zu Werke, wobei seine massige Ahornkonstruktion aber noch etwas härter ausfällt, was ihm im Grundsound noch mehr Leben und spritzigere Präsenzen beschert. Einzig der aktive Zweiband-EQ scheint wegen seiner undezenten Wirkung nicht optimal auf diesen Traum-Fünfsaiter abgestimmt, dessen Passiv-Soundpotential in jeder Hinsicht begeistert.

PLUS
. Klangverhalten/Sustain
. Bespielbarkeit/Handhabung
. Verarbeitung/Hölzer
. Ausstattung

Ü B E R S I C H T

Fabrikat: Human Base
Modell: ClassX Fünfsaiter
Gerätetyp: fünfsaitiger E-Bass mit Massivkorpus
Herkunftsland: Deutschland
Mensur: 864 mm, Langscale
Hals: durchgehend; dreistreifig Vogelaugenahorn mit
Ebenholz-Griffbrett, 24 Bünde plus Nullbund
Halsbreite: Sattel: 44;
XII. Bund: 63 (mm)
Saitenabstände Steg: einstellbar;
justiert auf ca. 18 mm
Korpus: Riegelahorn.Seitenteile mit vierteiliger Riegelahorndecke
Oberflächen: Korpus Schellackpolitur, Hals geölt
Tonabnehmer: passiv; 2x Bartolini-Humbucker
Elektronik: aktiv; Human Base Zweiband-EQ
Batterie: 2x 9 Volt
Ruhestrom: ca. 0.35 mA
Bedienfeld: Mastervolumen, PU-Überblendregler, Bässe, Höhen,
Aktiv /Passivschalter
Mechaniken: schwarz; gekapselte Gotoh-Stimmechaniken,
zehnteilige 3-D-Steg/Saitenhalterkombination,
arretierbare ETS-Gurthalter, Ebenholzsattel
Gewicht: ca. 4,5 kg

Dirk Groll, G&B 1997 zum Seitenanfang